„Die Entscheidung des Vereinigten Königreichs, aus der Europäischen Union auszutreten, ist sehr bitter, und wird die EU zumindest kurzfristig auch wirtschaftlich treffen“, kommentiert der JEF-Kreisvorsitzende Michael Joukov. Die EU ist aber in erster Linie eine Wertegemeinschaft, und der wichtigste europäische Wert ist die Demokratie. Daher verbietet sich jede Relativierung der Entscheidung, etwa durch einen Verweis auf die knappe Mehrheit. Das Volk hat entschieden, die EU und das Vereinigte Königreich gehen künftig getrennte Wege.
Es gilt nun, rasch den künftigen Status Großbritanniens zu klären. Auch hier verbietet sich jedes Nachtreten, bei künftigen bilateralen Verhandlungen sollte das Vereinigte Königreich wohlwollend wie andere wichtige Handelspartner der EU behandelt werden, aber eben nicht als EU-Mitglied. Wenn Teile des Vereinigten Königreichs sich entscheiden, bei der EU zu verbleiben, muss ihnen diese Möglichkeit eingeräumt werden.
Die Brexit-Abstimmung ist für den Rest der EU ein überdeutlicher Warnschuss, der nicht überhört werden darf. Die EU wird ganz offensichtlich von vielen ihrer Bürger*innen als undemokratisch und abgehoben empfunden. Gerade die jungen Menschen haben in Großbritannien zwar für den EU-Verbleib gestimmt, aber insgesamt konnte das Remain-Lager viel schlechter mobilisieren. Auch daraus muss eine Lehre gezogen werden – die europäische Idee muss nicht nur Köpfe, sondern auch Herzen erreichen.
Der Austritt Großbritanniens sollte eine Debatte über einen neuen EU-Vertrag auslösen. Darin muss klar und ohne Formelkompromisse geklärt werden, welche Werte von allen Mitgliedern geteilt werden – Demokratie, Menschenrechte, Presse- und Meinungsfreiheit, Gewaltenteilung und Freizügigkeit müssen von allen Mitgliedsstaaten anerkannt werden und die EU-Ebene die Vollmachten bekommen, die Einhaltung wirksam durchzusetzen. Die Kompetenzverteilung zwischen den Staaten und der Gemeinschaft muss geklärt und angepasst werden. Sollten nicht alle Länder diesen Weg gehen wollen, muss auch ihnen die Möglichkeit eingeräumt werden, über die Zugehörigkeit zur EU abzustimmen. Vor allem aber müssen Transparenz und Bürger*innen-Beteiligung innerhalb der EU ausgebaut und gestärkt werden.
„Es liegt ein gutes Stück Arbeit vor uns allen EU-Bürger*innen. Wenn wir sie gut bewältigen, wird es die Gemeinschaft langfristig stärken. Denn es gilt, sich dazu zu bekennen, dass die EU mehr ist als ein gemeinsamer Markt. Diese Frage war spätestens seit den 1990-ger Jahren offen, die EU war vom Selbstverständnis her zwischen einem reinen Handels- und Kooperationsraum und einer Werte- und Schicksalsgemeinschaft gespalten. So konnte es nicht weiter gehen, und nun kam aus Großbritannien die Quittung. Daraus muss nun das Beste gemacht werden“, skizziert Michael Joukov.
Die ideelle Grundlage der EU, das Manifest von Ventotene, schließt mit den Worten: „Der Weg, der uns erwartet, wird weder bequem noch sicher sein. Wir müssen ihn jedoch beschreiten, und wir werden es tun!“ – das gilt nun mehr denn je.